„Ein Viertel der Menschen in Deutschland ist es nicht möglich, ihren Alltag ohne Auto zu bewältigen“
Das bedeutet im Umkehrschluss, für drei Viertel der Menschen in Deutschland wäre es möglich.
Es gibt in Deutschland 60,7 Millionen zugelassene KFZ.
Das ist exakt ein KFZ je Einwohner im Alter von 18-75.Ich denke nicht, dass wirklich 3/4 komplett umsteigen könnten. Ein bisschen müsste das schon runter.
Bei mir im Ort ist zwar ÖPNV, aber wenn ich Bus und Bahn statt Auto zur Arbeit nehme bin ich 2h pro Einzelstrecke mit je nach Uhrzeit 2 bis 3 mal umsteigen unterwegs (unter der Annahme, dass alles pünktlich ist und ich keinen Anschluss verpasse). Das würde ich auf Dauer nicht aushalten ohne komplett zusammen zu klappen. Im Zug arbeiten kann ich auch nicht (1 Bildschirm reicht mir nicht um meinen Job gescheit zu machen und sehn was ich da mache darf auch kein Außenstehender, weil Datenschutz).
Wäre das Büro an einer etwas anderen Stelle sähe es direkt deutlich besser aus, aber ist halt nicht. Die konkrete Verbindung, die ich brauche, ist einfach Müll.
Hab dafür aber bei meinem Chef wenigstens mehr Homeoffice als im Durchschnitt raushandeln können und wenn ich an meinem Wohnort unterwegs bin, bleibt die Karre auch stehen.
Würden 3/4 der Deutschen mit dem ÖPNV statt dem Auto unterwegs sein, dann würden mehr und bessere Linien zur Verfügung stehen. Man kann die Leute ja nicht alle in die paar Busse stecken und nicht alle haben ihr Ziel in der Nähe der vorhandenen Haltestellen.
In meinem Kaff fahren morgens zur Hauptverkehrszeit auf drei Linien insgesamt 12 Busse im 15 Min. Takt der zentralen Straßen entlang. Das sind maximal 480 Leute, die da transportiert werden (40 pro Bus). Es fahren aber in der gleichen Zeit ca. 3000 Autos auch auf dem Stück, das sind ca. 3500 Menschen. Um da 3/4 in die Busse zu bekommen, bräuchte man nicht nur 12, man bräuchte 100. Und schon müssen die Busse nicht mehr bei jeder Linie alle 15 Minuten fahren sondern öfter als alle 2 Minuten. Und dann muss es auch mehr Linien und mehr Haltestellen geben oder das Pensum ist nicht zu schaffen.
Je mehr Leute ÖPNV verwenden, desto größer wird dessen Netz anwachsen und desto mehr Linien werden geschaffen. Dessen Haltestellen werden immer näher an den eigenen Start- und Zielpunkten liegen und dafür werden immer kürzere Reisezeiten nötig sein.
Damit das klappt, muss aber nicht nur Autofahren teurer werden, sondern das ÖPNV-Netz muss auch lokal eine gewisse kritische Größe erreichen, damit es eine sinnvolle Alternative darstellt. In der Großstadt ist das einfacher als auf dem Land. Offensichtlich. Es braucht hier einfach mehr Invesitionen und Subventionen, damit auch andernorts ÖPNV wieder zur Standardmethode des Transports wird.
Es ist halt ein Stück weit ein “Henne Ei Problem”. Weil der ÖPNV scheiße ist, wird er nicht genutzt, und weil er nicht genutzt wird, wird er nicht ausgebaut. Vor allem auf dem Land kann man oft recht einfach eine verhältnismäßig gute Anbindung bekommen. Es reicht da schon, wenn man stündlich in die nächste Stadt kommen würde. Bei uns war das bis letztes Jahr so, bis der Takt dann auf alle 2h gekürzt wurde und ich bin ehrlich, das ist absoluter Müll.
Das habe ich alles nicht in Frage gestellt. Ich habe nur gesagt, dass ich die Zahl 3/4 aktuell für etwas zu hoch halte, da eben nicht nur die Kriterien aus dem Artikel eine Rollen spielen, sondern auch ob für einen persönlich eine gescheite Anbindung existiert. Dass man dazu überhaupt erstmal irgendeine Anbindung haben muss ist klar, ebenso wie dass die Wahrscheinlichkeit für besseren ÖPNV ansteigt, je mehr Leute schon damit fahren vs. Auto.
Irgendwie ergibt deine Berechnung keinen Sinn, oder ist etwas übertrieben. 3000 Fahrzeuge in 15min ergibt >3 Autos pro Sekunde auf einer Spur. Das wäre 6 mal mehr als auf einer Autobahnspur bei maximaler Auslastung (1800Fhz/h). Ich vermute also es geht um 3000 Autos in einer Stunde. Immer noch viel aber ok. Dann muss man aber auch die Busse hochrechnen. 480x4=1920/h. Immer noch weit weg von den 3/4 (ca. 2600 Menschen) aber auch nicht mehr soweit weg. Würde vermutlich reichen den Takt auf 10min zu reduzieren.
Das ist alles pro Stunde zur Hauptverkehrszeit gerechnet. 3000 Autos in einer Stunde, 12 Busse (auf 3 Linien verteilt) in einer Stunde.
Letzteres ergibt einen 15-Min-Takt pro Linie pro Stunde.
Ersteres ist hier normal. Die Stadt ist durch eine Bahnstrecke in quasi zwei Teile gespalten und es gibt nur eine, je nach Sichtweise auch zwei Straßen, diese zwei Teile miteinander verbindet. Da quetscht sich dann halt alles durch.Reduziert man den Bus-Takt von 15 auf 10 Minuten, erhöht man den Durchsatz um 33% (von 480 auf 640 Menschen/h). Das reicht nicht aus.
Ah jetzt ergibt es mehr Sinn. Auch wenn die 3000Fhz/h immer noch viel sind für mich.
Fahren bei euch nur kleine Sprinter als Busse oder wie kommst du auf 40Pers/Bus. So ein normaler Linienbus hat eine Kapazität von ca. 70 Personen (Wenn alle Steh- und Sitzplätze belegt sind, finde 60 einen soliden wert für die Hauptverkehrszeit) Damit Kommen wir also auf eine Beförderungsleistung von 12x60=720 Personen 15min und 18x60=1080 Personen für einen 10min Takt. Das wäre schonmal ca. 1/3 der Autos die man durch die Busse befördern kann. Und wenn man dann noch größere Busse einsetzt könnte man sogar auf eine Kapazität von ca. 110Pers/Bus erreichen (1320 für 15min, 1980 für 10min)
Also wäre schon viel machbar. Die Frage ist ob es sich lohnt darüber zu diskutieren. Die Buslinien müssen ja auch am Ziel jedes einzelnen in vernünftiger Zeit ankommen, sonst ist auch wieder scheiße. Da hängt ja viel mehr dran ;)
Das habe ich mir beim Lesen auch gedacht - das ist ein echt gutes Ergebnis. Zudem sind die Kriterien auch etwas wild:
Zu diesem Schluss kommen die Autor:innen etwa, wenn der Bus zwar von einer weniger als 300 Meter entfernten Bushaltestelle abfährt, aber zur Hauptverkehrszeit seltener als alle 40 Minuten kommt. Oder wenn eine Tram-Station mit 10-Minuten-Takt weiter als einen Kilometer entfernt ist.
Demnach bin ich auch abgeschnitten, aber ich fahr trotzdem mit dem Bus zur Arbeit. Wäre halt cool, wenn der morgens halbstündig kommen würde, aber der Stundentakt geht auch. Und es ist auch völlig ok, wenn man morgens mehr als einen Kilometer zur S-Bahn hat.
Demnach wäre ich sich abgeschnitten. Im Winter ist man das aber auch, weil in meinem Ort mittlerweile, abseits von Schulbussen, glaube keine einzige Linie fährt. Wenn man jedoch mit dem Fahrrad ins Nachbardorf fährt kommt man eigentlich ganz gut in die Stadt. Problem ist, dass der nur alle 2 Stunden fährt. Hin und wieder fährt der auch mal stündlich, aber eher selten.
Ich denke nicht, dass 100% Abdeckung ein realistisches Ziel ist. Wirklich jedes kleine Dorf mit perfekter ÖPNV Anbindung zu versorgen scheint mir nicht sehr effizient. Ist doch vollkommen okay in Gegenden mit niedriger Bevölkerungsdichte eher aufs Auto zu setzen.
Es würde schlichtweg zu teuer, das zu 100% umzusetzen. Was aber möglich wäre: ÖPNV wenigstens in den Mittelzentren stark zu machen. Da könnte man Geld investieren und eine vernünftige Verkehrsentwicklungsplanung machen. Dann kann wenigstens von dort aus der ÖPNV sinnvoll weiterentwickelt werden. Da muss dann auch nicht jede Straße angefahren werden, man sollte da eher auf diejenigen hören und durch Nutzer-Befragungen im Bus und in der Bahn ermitteln, woher die Leute kommen, wohin sie wollen und wie oft sie fahren. In München habe ich das erlebt und dort hat man reagiert: Expressbusse auf dem äußeren Ring etabliert als Ergänzung zum bisherigen Konzept. Sehr gut gemacht: Studien gemacht und die Linien an die Arbeits und Pendelwege der Leute angepasst. Es ist doch sinnvoller, wenn man volle Busse hat, die weniger Halte haben, als wenn die Busse stundenlang durch leere Industriegebiete gurken und keiner fährt damit.
Warum ich das erwähne: Der ÖPNV von München ist gut entwickelt. Mittlerweile wohne ich in der Nähe von Frankfurt und hier ist der ÖPNV eine Zumutung! Es hängt definitiv an der Umsetzung, wie gut der Verkehrsbetrieb das umsetzt!
Tolle Nachrichten! Dann kann man ja den ÖPNV um ein Viertel kürzen und hätte nichts verloren!
Die CDU wird das genau so interpretieren.