Ich habe im Radio dieses kurze Gespräch mit Ole Nymoen, dem Autoren des Buches, gehört und fand ihn in seiner Klarheit recht erfrischend. Der Beitrag hier von BR24 ist noch kürzer und präziser.

  • Tiptopit@feddit.org
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    3 days ago

    Er halte sich dabei an die Losung aus dem “Kommunistischen Manifest”: “Die Arbeiter haben kein Vaterland”.

    “Wer ernsthaft glaubt, zum Beispiel als Deutscher, ihn trenne, von einem französischen, russischen, polnischen Soldaten mehr als von seinem Vermieter, Friedrich Merz oder dem Rekrutierungsbeauftragten der Bundeswehr, dem möchte ich sagen: Das stimmt nicht. Euch trennt von diesen Leuten überhaupt nichts, auf die ihr da schießt im Kampf. Außer eure Nationalität”

    Mit der Antwort von Marina Weisband im Artikel ist da eigentlich fast alles gesagt:

    Eine neutrale Haltung bei Konflikten helfe dem Aggressor; die von Nymoen geführte Debatte sei eine für Menschen, “die so privilegiert sind, dass es ihnen eigentlich fast egal sein kann, unter wem sie leben”.

    Was wäre denn die Folge, wenn die Mehrheitsbevölkerung in einem Land diese Haltung hätte? Man müsste eine feindliche Übernahme einfach akzeptieren. Dass es sich dabei wahrscheinlich für die meisten Menschen nicht zum besseren wendet und man an Freiheiten verliert, wird dabei nicht berücksichtigt.

    Es ist ja im Grunde wie mit dem Toleranzparadoxon. Um Frieden zu erhalten, darf man aggressives/kriegerisches Verhalten nicht tolerieren.

    • DrunkenPirate@feddit.org
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      3 days ago

      Die Antwort von Weisband mit den Privilegien trifft es.

      Dem Autor Nymoen entgeht scheinbar das Wichtigste der Menschheit: Gemeinschaft. Gemeinsam ist man stärker als alleine.

      Er plädiert ja dafür, dass es einem Einzelnen egal sein kann für wen er kämpft oder unter wessen Herrschaft er lebt.

      Allerdings ist eine Gruppe Menschen weitaus wirkmächtiger und kann Interessen „kleiner Leute“ gegenüber „den Mächtigen“ durchsetzen. Siehe Revolten, Streiks und Demos.

      Und es sollte Menschen eben nicht egal sein unter wessen Herrschaft sie leben und wen sie unterstützen. Die eigenen Bürgerrechte und Freiheiten müssen erkämpft und später verteidigt werden. Aus Philantrophie sind die nie vergeben worden.

      • Bademantel@lemmy.world
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        3 days ago

        Da musst du schon differenzieren. Gegen Streiks, Revolution und Demos spricht er sich nicht aus. Im Gegenteil. Ich bin fest davon überzeugt, dass er diese auch persönlich unterstützt bzw. unterstützen würde. Gegen diese Art des Kampfes stellt er sich nicht sondern gegen Krieg, also dem Kampf zwischen Staaten.

        Seine Argumentationsgrundlage ist, dass die deutsche Politik, der deutsche Staat, die von dir beschworenen “Mächtigen” stärker fördert als die Arbeiter*innen. Folglich sieht es auch nicht ein, für eben diesen Staat in den Krieg zu ziehen.

        • Zwiebel@feddit.org
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          3 days ago

          Und Weisband wirft ihm vor, dass er sich dadurch für die Herrschaft eines Staates entscheidet, der sich noch weniger um die Arbeitys schert.

          • Bademantel@lemmy.world
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            3 days ago

            Welcher Staat ist denn realistisch betrachtet in der Lage, Deutschland zu besetzen und danach das deutsche Volk zu knechten?

            • hendrik@palaver.p3x.de
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              3 days ago

              Rhethorische Frage? Ich denke am realistischen Deutschland selbst. Ansonsten fahren die Russen auch diverse Cyberattacken, Desinformationskampagnen, hören unsere Politiker ab und versuchen unsere Infrastruktur zu schädigen oder das Erdgas zu verknappen. Das ist jetzt kein offener traditioneller Krieg, geht aber in die Richtung Bevölkerung knechten. Außerdem waren Teile Deutschlands ja schon mal besetzt. Sonst spielen sich noch die USA und China als Großmächte auf.

              • Bademantel@lemmy.world
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                3 days ago

                Eben, Deutschland selbst sehe ich auch als größte Gefahr. Da wird eine erstarkten Bundeswehr natürlich herzlich wenig bringen.

                Daher würde ich mir wünschen, dass wir dort investieren, wo der Rechtsruck am besten bekämpft werden kann: im Bildungssystem. Es Bedarf vielmehr einem Aufruf, zu den Bücher zu greifen als zu den Waffen. Das klingt polemisch aber wenn die größte Gefahr von innen droht, ist ein Panzer nutzlos, eher sogar gefährlich.

                • hendrik@palaver.p3x.de
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                  3 days ago

                  Denke ich auch. In Bildung investieren hilft im Allgemeinen. Der Wirtschaft, dass die Leute nicht auf die Bauernfänger hereinfallen… Meine Angst ist ja, dass wir irgendwann bei Idiocracy ankommen, unsere Einweg-Unterbuchsen aus dem Automaten ziehen und die Pflanzen mit Energy-Drink wässern… Die Amerikaner haben da ja schon vorgelegt mit dem politischen Teil, aber die sind uns da auch immer schon voraus. Naja, aber ich meine ich habe auch schon von Studien gelesen, dass mehr gebildete Menschen weniger dumme politische und religiöse Einstellungen verfolgen. Gerade in Deutschland sind wir ja so ziemlich zentral in Europa und wollen eigentlich auch mit vielen Ländern gute Beziehungen pflegen und handeln. Ich denke ja sowieso dass die meisten Länder von Frieden profitieren, Deutschland definitiv.

    • splendoruranium@infosec.pub
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      3 days ago

      Was wäre denn die Folge, wenn die Mehrheitsbevölkerung in einem Land diese Haltung hätte? Man müsste eine feindliche Übernahme einfach akzeptieren. Dass es sich dabei wahrscheinlich für die meisten Menschen nicht zum besseren wendet und man an Freiheiten verliert, wird dabei nicht berücksichtigt.

      Da das Buch noch nicht auf gängigen Trackern verfügbar zu sein scheint, kann ich das zwar grad nicht nachlesen, aber zumindest von den Zitaten her klingt es eher so, als würde der Autor sich explizit gegen Waffengewalt aussprechen und nicht für absolute Neutralität oder Konfliktvermeidung eintreten. Gibt ja offensichtlich tausendundeins andere - und diskutabel bessere - Wege, Interessen durchzusetzen und Regierungen auszutauschen, als tausende junge Menschen mit dem Schießgewehr in die Gräben zu schicken.

      • Zwiebel@feddit.org
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        3 days ago

        Wenn jemand etwas mit Gewalt an sich reißt – sei es die Regierung eines Landes oder ein anderes Land – dann zwingt er den Anderen eine Wahl auf: entweder Gewalt entgegenzusetzen oder seine Gewalt hinzunehmen.

        Interessen durchzusetzen und Regierungen auszutauschen

        Die Ukraine kann ihre interessen gegen Putin nur mit Militär durchsetzen. Und die Russen können Putin nur durch gewalt absetzen

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          3 days ago

          Wenn jemand etwas mit Gewalt an sich reißt – sei es die Regierung eines Landes oder ein anderes Land – dann zwingt er den Anderen eine Wahl auf: entweder Gewalt entgegenzusetzen oder seine Gewalt hinzunehmen.

          Interessen durchzusetzen und Regierungen auszutauschen
          

          Die Ukraine kann ihre interessen gegen Putin nur mit Militär durchsetzen. Und die Russen können Putin nur durch gewalt absetzen

          Sicher, aber um die Ukraine geht es hier ja nicht. Und selbst wenn die Umsetzung ukrainischer Interessen aktuell gleichzeitig deutsche/europäische Interessen sind (wo ich absolut zustimmen würde), kann nahezu jedes Land bis auf die Ukraine sie nach Lust und Laune ohne jegliche konventionelle Kriegsführung durchsetzen.
          Braucht halt auch politischen Willen, nur eine andere Form (aber in meinen Augen eine deutlich vertretbarere) als die konventionelle Aufrüstung ihn benötigt.

      • Tiptopit@feddit.org
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        3 days ago

        Klar gibt es diese Wege. Aber das Problem an Krieg ist, dass man sich im Verteidigungsfall die Mittel nicht aussuchen kann. Die Ukraine hat doch zum Beispiel keine andere Wahl als sich mit Waffen zu wehren oder sich unter russische Autorität zu stellen, was für viele Leute dafür sorgen würde, dass es schlechter wird, was Freiheitsrechte und ähnliches angeht.

        Bei der Aufrüstung in Europa geht es ja auch nicht darum Krieg führen zu wollen, sondern darum gewappnet zu sein, falls man Krieg führen muss, bzw. durch die Kapazität sich wehren zu können einen Krieg unwahrscheinlicher zu machen. Ich hätte auch keinen Bock in den Krieg zu ziehen und mag mir gar nicht vorstellen, was das für eine schwierige Entscheidung ist, sein Leben für sowas zu opfern. Aber vielleicht ist das immer noch eine bessere Lösung, als das Leute wie der Autor oder meine Wenigkeit für freie Meinungsäußerung im Gulag landen und da krepieren.

        • splendoruranium@infosec.pub
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          3 days ago

          Klar gibt es diese Wege. Aber das Problem an Krieg ist, dass man sich im Verteidigungsfall die Mittel nicht aussuchen kann. Die Ukraine hat doch zum Beispiel keine andere Wahl als sich mit Waffen zu wehren oder sich unter russische Autorität zu stellen, was für viele Leute dafür sorgen würde, dass es schlechter wird, was Freiheitsrechte und ähnliches angeht.

          Aber schreibt der Autor nicht explizit über Deutschland? Dem ukrainischen Frontsoldaten kann man schlecht die AK aus der Hand reden, aber Deutschland (und darüber hinhaus jedes andere europäische Land außer der Ukraine) hat im Moment sehr wohl die Wahl der Mittel. Beträchtliche Mittel noch dazu.
          Mal eben den gesamten Verteidigungsetat der Union in Kopfgelder für Armeegeneräle und Minister zu investieren um dann ein paar Monate später mit dem letzten aufrecht stehenden russischen Generaloberst zu verhandeln wäre zum Beispiel nach meiner Lektüre immer noch im Sinne des Autoren. Aber das müsste ich wie gesagt nachlesen, wenn das Buch verfügbar ist, vielleicht schreibt er auch einfach Unsinn.

          Bei der Aufrüstung in Europa geht es ja auch nicht darum Krieg führen zu wollen, sondern darum gewappnet zu sein, falls man Krieg führen muss, bzw. durch die Kapazität sich wehren zu können einen Krieg unwahrscheinlicher zu machen. Ich hätte auch keinen Bock in den Krieg zu ziehen und mag mir gar nicht vorstellen, was das für eine schwierige Entscheidung ist, sein Leben für sowas zu opfern. Aber vielleicht ist das immer noch eine bessere Lösung, als das Leute wie der Autor oder meine Wenigkeit für freie Meinungsäußerung im Gulag landen und da krepieren.

          Die Liste möglicher Aggressoren ist ja relativ gering. Und solang sie nicht konventionell angreifen, kann man sie präventiv abarbeiten. Welche Kapazitäten würdest du sagen wären notwendig, eine konventionelle russische Invasion Zentraleuropas unwahrscheinlich genug zu machen um sich sicher fühlen zu können? Zumindest meine ich herauszulesen, dass du diese Kapazität noch nicht als erreicht oder überschritten ansiehst, korrekt?

          • Tiptopit@feddit.org
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            3 days ago

            Soweit ich das sehe, geht es dem Autor tatsächlich nur um Deutschland. Dass wir hier momentan nicht zur Waffe greifen müssen und auch sollten, ist denke ich einmal klar. Das naheliegendste Szenario, in dem er seinen Dienst an der Waffe verweigert, wäre aber wohl ein konventioneller Krieg mit Russland, bei dem Deutschland direkt oder indirekt über die EU eingebunden ist. Wie realistisch das ist? Ich hoffe gar nicht.

            Fakt ist aber, dass die Bundeswehr nicht unbedingt im besten Zustand ist. Das fängt bei der Ausrüstung an und hört bei der Durchsetzung mit Rechtsextremen irgendwo auf. Allein das zu bearbeiten ist eine große und teure Angelegenheit. “Positiver” (ich hasse mich dafür sowas im Kontext von Krieg zu schreiben) Nebeneffekt wäre, dass man die Ukraine mit ausgemustertem aber brauchbarem Material unterstützen könnte.

    • RedPandaRaider@feddit.org
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      3 days ago

      Diese Haltung heißt nicht eine Akzeptanz von Imperialismus. Im Gegenteil ist sie auch anti-imperalistisch.

      Zu sagen, man solle nicht für die Konzepte oder Ziele von Nationen und ihren herrschenden Klassen kämpfen, heißt nicht, dass man es gut heißt, wenn herrschende Klassen Kriege führen.

      Bestes Beispiel ist doch der 1. Weltkrieg. Man hat gesehen zu was für einen Klassen- und Prinzipienverrat die Unterstützung von Kriegspolitik geführt hat. Marxisten haben wegen ihrer Neutralität zum Krieg deswegen aber nicht den Krieg gefeiert oder die teilweise oder komplette Besetzung von Ländern durch andere während des Krieges gut geheißen.

      • Scipitie@lemmy.dbzer0.com
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        3 days ago

        Es geht nicht um für heißen sondern um ermöglichen.

        Das Dilemma ist halt die implizite Unterstützung für den aggressor durch Passivität.

        Ich habe das auch keine Lösung, ist aber ein wichtiger Unterschied.